Ja, in ihrem Fall ist die Aussage des Treuhänders höchstwahrscheinlich zutreffend. Wenn Sie Dienstleistungen (keine physischen Produkte) aus dem Ausland beziehen, sind Sie zur Deklaration und Ablieferung der Bezugsteuer verpflichtet, auch wenn Sie selbst nicht der MWST-Pflicht unterstehen. Diese Regelung kommt aber nur zum Tragen, falls folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
1. Der Bezugswert beträgt umgerechnet mehr als insgesamt CHF 10'000 pro Kalenderjahr.
2. Der Dienstleister hat seinen Sitz im Ausland und ist in der Schweiz nicht im Register der MWST-pflichtigen Unternehmen eingetragen. Kontrolle: https://www.uid.admin.ch
3. Die Dienstleistung ist in der Schweiz einem MWST-pflichtige Leistungen und wird nach dem Empfängerortprinzip erbracht (in ihrem Beispiel ist dies der Fall). D.h., dass Ihr Geschäft in der Schweiz den konkreten Nutzen dieses Services hat. Hotelleriedienstleistungen oder Flüge bspw., die Sie im Ausland während einer Geschäftsreise in Anspruch nehmen, entsprechen nicht dem Empfängerortprinzip und unterliegen deshalb nicht der Bezugssteuer.
Falls nun eine Deklarationspflicht besteht, müssen Sie dies bei der ESTV bis spätestens 60 Tage nach Ablauf des Kalenderjahres tun.
Noch eine Präzisierung: Die CHF 10'000 ist eine Materialitätsschwelle, aber keine Freigrenze. D.h., Sie müssen nun 7.7% Bezugsteuer auf CHF 18'000 bezahlen, nicht nur auf die Differenz von CHF 8'000.
Eine freiwillige Unterstellung unter die Mehrwertsteuerpflicht kann sich lohnen, wenn Sie regelmässig solche Serviceeinkäufe im Ausland tätigen. Als mehrwertsteuerpflichtiges Unternehmen hätten Sie mit der Wahl der effektiven Abrechnungsmethode die Bezugssteuer als Vorsteuer anrechnen können. Das ergibt netto einen Nulleffekt, d.h. Sie hätten keinen einzigen Franken an Bezugssteuern bezahlen müssen. Mit der Wahl der Abrechnungsmethode nach Saldosteuersatz hätten Sie diesen Vorteil nicht gehabt.
Bei mehrwertsteuerpflichtigen Unternehmen gibt es übrigens keine Wertgrenze von CHF 10'000, die Bezugsteuerpflicht besteht schon ab dem ersten Franken an relevanten Ausgaben.
Bezugsteuer bezahlen für Dienstleistungen
2 Monate später
Wir sind eine kleine Digitalfirma und noch nicht MWST-pflichtig. Wir haben letztes Jahr massiv in unseren Webauftritt und in unsere Software investiert, hauptsächlich haben wir diese Aufträge an Programmierer im Ausland vergeben. Die Kosten waren insgesamt ca. 18'000 Franken. Nun hat mir ein befreundeter Treuhänder (der unsere Buchhaltung aber nicht führt) gesagt, wir müssten darauf Bezugsteuer als Mehrwertsteuer Ersatz abliefern. Wie kann das denn sein? Unser Umsatz ist unter 100'000 Fr. und freiwillig haben wir uns bestimmt nicht für die Mehrwertsteuer angemeldet... :/
3 Jahre später
RomanKeller hat die Unternehmenssteuern Gelöst Themen hinzugefügt.