Hallo Community
Kurz zur Situation: Wir sind Architekten/Bauzeichner und erstellen in der Regel nur die Pläne für unsere Auftraggeber. Noralerweise sind unsere Kunden in der Schweiz (Private und Unternehmen), d.h. wir verrechnen normal die Mehrwertsteuer. Wir hatten auch schon einige ausländische Kunden, aber bislang nur Firmen. Dort haben wir einfach keine MwSt. berechnet mit dem entsprechenden Vermerk. Nun haben wir einen Privatkunden aus Deutschland. Wie ist es jetzt genau? Einmal lese ich, dass wir uns registrieren müssen in D, woanders lese ich, dass wir keine MwSt. verrechnen müssen und irgendwo habe ich gehört, dass man einfach die CH-MwSt. anwenden soll. Konfusion total!

Kann mir jemand helfen?
Gruss, Beni

Points: 5

    Hallo Beni
    Bei Rechnungen ins Ausland musst du keine Mehrwertsteuer verrechnen, da zahlt dann jeweils der Kunde direkt am Ort. Es kommt das "Reverse Charge" Verfahren (Umkehr der Steuerschuld) zum Einsatz. Man muss auf der Rechnung jedoch eindeutig kennzeichnen, dass das so ist. Z.B.: Mehrwertsteuer wird vom Rechnungsempfänger bezahlt.
    Ein Unternehmen zahlt dann MwSt. und kann es dann auch als Vorsteuerabzug geltend machen. Bei Privatpersonen gilt eine Limite von CHF 10'000. Darunter ist keine MwSt. zu entrichten, darüber schon.
    Grüessli, Lisa

    Points: 5
    • hat auf diesen Beitrag geantwortet.

      Hallo Leute
      Ich hab ein ähnliches Problem... Gemäss meiner Recherche gibt es in Deutschland keine solche Limite wie in der Schweiz... Entsprechend müsste man bei Rechnungen an Private (B2C) die Schweizer Mehrwertsteuer abrechnen, da als Besteuerungsort der Ort des RECHNUNGSSTELLERS gilt. Richtig, oder?
      Gruss, Michi

      • hat auf diesen Beitrag geantwortet.
        5 Tage später

        reneee
        Nein, das ist ein anderer Fall. Beim vorliegenden Fall sind sowohl Rechnungsempfänger als auch der Leistungsempfänger im Ausland, sprich in Deutschland.

        Points: 5

          Michael_89
          Die Sache ist ein bisschen komplizierter... Wie oben bereits geschrieben, ist der B2B-Bereich rel. einfach. Dort erstellt man eine Rechnung einfach ohne MwSt. und die Empfänger hat sich dann darum zu kümmern (reverse charge).

          Im B2C-Bereich ist es leider komplizierter, weil der Endkunde keinen Vorsteuerabzug geltend machen kann (er ist ja nicht MwSt-pflichtig). Erschwerend kommt hinzu, dass diesbezüglich nicht alle Länder das gleiche Prinzip anwenden. Hier hatten wir bereits eine solche Diskussion, bei der eine deutsche Firma in die Schweiz liefert: https://accounting-forum.ch/d/115-mwst-bei-warenlieferung-in-die-schweiz
          Leider ist dort die Antwort nicht 100% richtig, denn in der Schweiz gibt es eine Limite von CHF 10'000 für Privatkunden. Leistungen über dieser Limite müssen dann aber verteuert werden.

          Zurück zur eigentlichen Frage: Michael_89, du hast recht. Aber auch nur teilweise. Es gibt einige Spezialfälle, bei denen der Leistungserbringer in Deutschland MwSt.-pflichtig wird. Diese Spezial- bzw. Ausnahmefälle sind zahlreich. Ein typischen Beispiel sind Leistungen in Zusammenhang mit Grundstücken. Dann muss die MwSt. dort abgeführt werden, wo das Grundstück liegt. Wenn sich die Zeichungen/Pläne des Architekts auf das Grundstück beziehen, dann muss der Architekt sich in Deutschland registieren und dort Umsatzsteuer abführen. Fall es sich um generelle Pläne handelt, könnte die Leistung als elektronisch erbrachte Dienstleistung klassifiziert werden. Auch das ist eine Ausnahme: Elektronisch erbrachte B2C Dienstleistungen, Telekommunikations- Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sind in dem Land umsatzsteuerpflichtig, in dem der private Empfänger seinen Wohnsitz hat.
          Der Architekt muss sich also aller Voraussicht nach registrieren lassen.

          Points: 5
            10 Monate später

            Hallo,
            ich habe eine ähnliche Frage dazu. Die Antworten habe ich alle gelesen, komm dennoch nicht so ganz draus. Und habe das Gefühl, dass es noch keine genaue Antwort zu meiner Frage gibt;

            Ich selbst bin Ablöser auf dem Rhein. Mich rufen vermehrt Kunden aus Deutschland und den Niederlanden an, damit ich auf Ihren Schiffen zur Ablösung komme. Also, ich bin eine in der Schweiz eingetragene Firma, der jetzige Kunde ist ebenfalls Selbständig und hat sein eigenes Schiff (Deutsches Schiff, in deutschland eingetragen als Firma). Mein steuerberater meinte bei Dienstleistungen ist es wieder komplizierter. Also, wie siehts nun aus? Soll ich die Mehrwehrtsteuer berechnen oder nicht? Der Betrag ist unter SFr. 10'000.- und die Dienstleistung erbringe ich nicht nur in Deutschland. Wir fuhren auch in Holland und Belgien umher...

              ein Monat später

              Hallo zusammen. Der Eintrag ist zwar schon vom letzten Jahr, aber ich habe nun ein ähnliches Problem. Ich bin Deutsche, seit 2017 wohnhaft in der Schweiz und ausser einer Anstellung im Stundenlohn erbringe ich freiberufliche Dienstleistungen (Übersetzen, Texten) auch in die EU (in diesem speziellen Fall Frankreich). Der Unterschied zum ersten Beitrag ist, dass ich nicht MWSt.-pflichtig bin in der Schweiz, da ich unter den CHF 100'000 liege. Kommt dann trotzdem das Reverse-Charge-Verfahren zum Einsatz oder muss der französische Kunde (ein Unternehmen) genauso keine MWSt. zahlen wie ein Kunde in der Schweiz, eben weil ich nicht MWSt.-pflichtig bin? Vielen Dank im Voraus!
              Anna

                Hoi AnulaPa,
                Erstmal: Bemessungsgrundlage MWST-Pflicht: CHF 100'000 GLOBALER Umsatz (nicht nur der Umsatz in der Schweiz). Ich kann aus deinem Beitrag nicht 100% nachvollziehen, ob Du die Umsatzschwelle von CHF 100k richtig verstanden hast, darum erwähne ich dies explizit.
                Nun zu deiner eigentlichen Frage: Reverse Charge ist nie eine Frage der MWST-Unterstellung des Dienstleisters. Reverse Charge kommt in der EU grundsätzlich immer zum Tragen im grenzüberschreitenden B2B Gechäft. Das Schweizerische Pendant zu RC ist die Bezugsteuer.
                Ansonsten hätten plötzlich alle mehrwertsteuerpflichtigen Service Provider gegenüber den "Nicht-Pflichtigen" einen ganz massiven preislichen Wettbewerbsnachteil bei Exportgeschäften, was unlogisch wäre. Denn nirgendwo ist die Umsatzsteuer so tief wie in unserer freiheitlichen Schweiz ?
                Happy Charging!
                René

                  Hallo René
                  Vielen Dank für die ausführliche und hilfreiche Antwort!
                  Ja, das mit dem globalen Einkommen war mir klar, ich bin trotzdem darunter ?
                  Der Rest leuchtet ein, Dankeschön!

                    7 Monate später
                    ein Jahr später

                    LisaHartmann Hallo Lisa,
                    darf ich dich etwas fragen? Meine Firma ist in der Schweiz, wir reparieren Orientteppiche. Ein Kunde aus Deutschland gibt uns einen Teppich den wir in der Schweiz restaurieren. Wir stellen ihn dann Rechnung nach Deutschland. Ist es richtig dass wenn den Rechnungsbetrag unter Fr. 10'000.- ist keine Mwst verrechnet werden muss und wenn es über Fr. 10'000.- sind schon? Danke und Gruss Theodor

                      Hallo Theodor

                      Nicht ganz. Sie erbringen eine Dienstleistung für ein deutsches Unternehmen, stimmt das? In diesem Fall müssen Sie das Reverse Charge Verfahren anwenden, d.h. die Rechnung ohne MWST, aber mit einem Vermerk, dass die Steuerschuld an den Empfänger übergeht, erstellen.

                      Wenn der Kunde eine Privatperson ist, ist es noch einfacher: Sie erstellen eine übliche Rechnung mit der schweizerischen MWST.

                      Bezüglich 10´000 CHF - Limit:

                      1. Diese Regel gilt für ausländische Unternehmen in der Schweiz.
                      2. Die Grenze gilt nicht für eine Rechnung, sondern für den Jahresumsatz in der Schweiz.

                      Gerne können Sie mehr in unserem Artikel über grenzüberschreitende Geschäfte lesen:
                      Mehrwertsteuer: Grenzüberschreitende Lieferungen vom und ins Ausland

                      Freundliche Grüsse
                      Roman Keller

                      Points: 180
                        5 Monate später
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