Arbeitszeit: Was steht im Schweizer Arbeitsrecht dazu?
Wie viele Stunden arbeiten Sie pro Tag? Wie viele Pausen muss der Arbeitgeber genehmigen? Und bezahlen? Solche Fragen werden in der Schweiz häufig bilateral zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geregelt. Was sagt aber das Gesetz dazu? Im OR sind diese Sachverhalte nicht beschrieben. Dafür gibt es viele Verordnungen und Gerichtsentscheidungen, die ein Netz aus Regeln, Ausnahmen und Gegenausnahmen erzeugen. Dabei liegt es immer in der Verantwortung des Arbeitgebers, dass die Arbeitszeitvorschriften eingehalten werden. Damit Sie Ihre Arbeitsplatzverhältnisse aus gesetzlicher Sicht korrekt gestalten, haben wir die wichtigsten Informationen zu diesem Thema zusammengefasst.
Was bedeutet eigentlich der Begriff «Arbeitszeit»?
Grundsätzlich existiert im Schweizer Arbeitsgesetz keine Definition der ArbeitszeitArbeitszeit bezeichnet die Zeit, in der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten müssen oder dürfen. Die Arbeitszeit ist gesetzlich geregelt und kann... Mehr. Das Arbeitsrecht definiert die Arbeitszeit als die Zeit, «während der sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten hat» (Art. 13 Abs. 1 ArGV 1). Die Rechtsprechungen hat diese Definition präzisiert: Die Zeit, die der Mitarbeiter «mit dem Willen des Arbeitgebers in dessen hauptsächlichem Interesse verbringt», gilt als die «Arbeitszeit». Daraus folgt, dass weder Ihre konkrete Aktivität noch der Ort eine entscheidende Rolle spielt. Zudem gilt die allgemeine Rufbereitschaft nicht als Arbeitszeit.
Die Arbeitszeit beginnt, wenn der Arbeitnehmer leistungsbereit am Arbeitsplatz erscheint.
Aus dieser Definition lässt sich nachvollziehen, warum unterschiedliche Aktivitäten nicht oder doch als Arbeitszeit anerkannt wird. Die häufigsten Fragen dazu haben wir hier zusammengefasst:
Keine Arbeitszeit | Arbeitszeit | |||
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Weg zur Arbeit |
Dienstreise, wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet wird |
Weg zum Kunden oder zu einem anderen Geschäftsort |
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Mittagsessen |
Geschäftsessen, wenn es vom Arbeitgeber angeordnet wurde |
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Pausen und Erholung |
Pausen, die am Arbeitsplatz verbracht werden |
Pausen, die für dringende persönliche Bedürfnisse notwendig sind, z. B. Toilettenbesuch |
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Private Arztbesuche |
Arztbesuche, wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet wurden |
Wenn der Besuch nicht verlegt werden kann (Notfall) |
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An- und Umziehen der Arbeitskleidung |
Bei zwingenden Gründen (Hygiene oder Sicherheit) oder wenn das Umkleiden sachlich begründet ist |
Wenn das Umziehen während des Arbeitstages nötig ist |
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Wie lange darf man arbeiten?
Die Dauer der Arbeit ist vom Staat reguliert. Sie kann der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag nur eingeschränkt variieren: Die die Höchstarbeitszeit darf nicht überschritten werden.
- Im Schnitt arbeiten die Schweizer 42 Stunden pro Woche.
- 45 Stunden pro Woche: Industrie, Büropersonal, Grossbetriebe des Einzelhandels
- 50 Stunden pro Woche: alle anderen Betriebe, insbesondere das gesamte Gesundheitswesen
Das Arbeitsrecht sieht keine ausdrückliche Höchstarbeitszeit pro Tag vor. Doch wenn alle zugelassen Ausdehnungen und Pausen berücksichtigt werden, kommt man auf etwa 12.5 Stunden pro Tag und 14 Stunden bei Unternehmen mit Abendschichten.
Betriebsübliche Arbeitszeit im Dienstleistungssektor in der Schweiz nach Wirtschaftsabschnitt im Jahr 2020 (in Stunden pro Woche) (Statista)
Wichtig
Für Nacht- und Sonntagsarbeit wird eine spezielle Bewilligung des Kantons notwendig. Dabei muss man zwischen vorübergehender und regelmässiger Nacht- und Sonntagarbeit unterscheiden. Dieser Unterschied bestimmt den Lohnzuschlag sowie die Bewilligungsbegründung.
Nachtarbeit | Sonntag |
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Lohnzuschlag von mindestens 25% |
Lohnzuschlag von 50 % PLUS eine Zeitkompensation:
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Bewilligung vom Kanton, sofern ein dringendes Bedürfnis vorliegt. |
Nachtarbeit | Sonntag |
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Bewilligung, sofern eine technische oder wirtschaftliche Unentbehrlichkeit vorliegt, oder bei einem in der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz aufgelisteten Fall. |
Ruhezeit
Erholung ist ein wichtiger Teil der Arbeit. Wie es bereits oben erwähnt wurde, gehören die unterschiedlichen Pausen nicht zur Arbeitszeit. Der Arbeitsgeber ist verpflichtet, ab einer bestimmten Arbeitszeit eine Pause zu gewährleisten.
Die tägliche Ruhezeit darf nicht weniger 11 Stunden betragen und darf nur im Ausnahmefall einmal pro Woche bis 8 Stunden gekürzt werden. Dabei muss der Zwei-Wochendurchschnitt 11 Stunden ergeben.
Wöchentlicher Ruhetag ist der Sonntag. Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer mindestens 35 aufeinanderfolgende Stunden frei haben (11 Stunden tägliche Ruhezeit + 24 Stunden Sonntag), welche die Zeit von Samstag 23 Uhr bis Sonntag 23 Uhr einschliessen muss.
Wird die Arbeitszeit auf mehr als 5 Tage verteilt, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf einen freien Halbtag (8 Stunden) im Laufe der Arbeitswoche.
Feiertage
Die Feiertage und religiöse Ferien sind dem Sonntag gleichgestellt. Das bedeutet, dass man an diesen Tagen ohne Bewilligung nicht arbeiten darf. Es gibt sowohl Bundesfeiertage als auch kantonale Feiertage, die von Kanton zu Kanton unterschiedlich sind. Darüber hinaus gibt es noch nicht gesetzlich anerkannte Feiertage, die aber trotzdem auf dem Kantonebene oder bei einzelnen Gemeinden als Ruhetage behandelt werden.
Im Vergleich zu anderen Ländern verfügt die Schweiz über relativ wenig Feiertage: Der europäische Durchschnitt liegt bei 13 freien Tagen pro Jahr. In der Schweiz beläuft sich die Zahl auf 11 Tage im Schnitt.
Es gibt nur einen Tag, der auf Bundesebene vorgeschrieben ist: Der 1. August. Alle anderen Feiertage sind Kantonsspezifisch. Es existieren drei weitere Tage, die in sämtlichen Kantonen als Feiertage anerkannt sind: Neujahrstag (1 Januar), Karfreitag, Auffahrt- und Weihnachtstag (25 Dezember).
Wichtig
Fällt ein Feiertag auf einen arbeitsfreien Tag (z. B. Samstag oder Sonntag), besteht kein Anspruch auf Kompensation. Ein Feiertag, der in die Ferien fällt, darf nicht als Ferientag angerechnet werden.
Tipp
Einzelne Gemeinden verfügen noch über zusätzliche eigene Feiertage: Als absoluter Anführer in den deutschsprachigen Kantonen gilt Einsiedeln im Kanton Schwyz, wo insgesamt 16 Feiertage pro Jahr stattfinden!
Absenzen am Arbeitsplatz
Neben Ruhezeiten und Feiertagen hat ein Arbeitsnehmer den Anspruch, eine notwendige Zeit vom Arbeitsplatz fernzubleiben. Dies gilt für dringende persönliche Angelegenheiten. Dazu gehören vor allem die bekannten und gesetzlich anerkannten Anlässe wie Schwangerschaft und Mutterschaft sowie die Erfüllung gesetzlicher Pflichten wie Militärdienst oder Unfall. Zusätzlich haben Arbeitnehmer bei Ereignissen wie Hochzeit oder Umzug ebenfalls einen Anspruch auf bezahlte Freizeit.
Wichtig
Ein Anspruch auf bezahlte Absenzen besteht nur, wenn diese gesetzlich vorgeschrieben sind (z. B. im Sinne von Art. 324a OR) oder in einer Vereinbarung (Gesamtarbeitsvertrag, Reglement, etc.) dokumentiert sind, die von beiden Seiten akzeptiert wird.
Im Arbeitsgesetz sind folgende bezahlte arbeitsfreie Tage aufgeführt:
Anlass | Dauer |
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Eigene Hochzeit/ Eintragung Partnerschaft | 2-3 Tage |
Hochzeit von Eltern, Kindern, und Geschwistern | 1 Tag |
Urlaub | 4 Wochen (mindestens) |
Mutterschaftsurlaub | 14 Wochen |
Vaterschaftsurlaub | 10 Tage |
Todesfall von Ehefrau/Ehemann/eingetragene/r Partner/in, Kindern, Eltern, Schwiegereltern, Grosseltern und Geschwistern vom Tode bis zur Bestattung | 1 bis 3 Tage (je nach Verwandtschaftsgrad) |
Umzug des eigenen Haushaltes | 1 Tag |
Betreuung kranker Kinder, Familienmitglieder oder Lebenspartner/innen | Notwendige Zeit, bis die Betreuung anderweitig organisiert werden kann, jedoch max. 3 Tage pro Ereignis und 10 Tage pro Jahr |
Stellensuche im gekündigten Arbeitsverhältnis | Notwendige Zeit, in der Regel max. ½ Tage pro Woche oder 2 Tage insgesamt |
Militärdienst und Zivilschutz | 1 Tag |
In Ausnahmefällen kann das Unternehmen einen unbezahlten Urlaub gewähren. Wenn dieser länger als 4 Wochen dauern soll, muss der Mitarbeiter vor Antritt des Urlaubs die Versicherungsfragen (Unfall, Pensionskasse) mit der Personalabteilung abklären.
Tipp
In der letzten Zeit ist es eine häufige Frage, wie man die Covid-19-Impfung behandeln muss. Der Gesetzgeber gibt keine speziellen Empfehlungen für dieses Fall. Grundsätzlich fällt ein Impftermin nicht unter Art. 324a OR und kann daher als eine unbezahlte Absenz eingestuft werden, wenn der Arbeitgeber die Freizeit dafür gewährt.
Unentschuldigte Absenzen am Arbeitsplatz: Was kann der Arbeitgeber unternehmen?
Grundsätzlich wird kein Lohn ohne Arbeit geschuldet. Die Umsetzung dieser Vorgabe ist aber nicht immer einfach und wird manchmal von Arbeitnehmern missbraucht: Überlange Pausen, Kurzabsenzen vor und nach Wochenenden können leider nicht nur den Betriebsprozess, sondern auch dem Arbeitsklima schaden.
Wichtig
Laut Art. 337d OR hat der Arbeitgeber Anspruch auf Entschädigung, wenn der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund die Arbeitsstelle nicht antritt oder er sie fristlos verlässt. Die Höhe dieser Entschädigung beträgt ein Viertel des Monatslohns des Arbeitnehmers plus allfälligen Schadenersatz.
Bei regelmässigen unentschuldigten und nicht gerechtfertigten Absenzen kann eine fristlose Kündigung im Betracht gezogen werden. Kann der Richter die Situation im Klagefall nicht als Grund für eine fristlose Kündigung beurteilen, so wird das Arbeitsverhältnis fortgesetzt und der Arbeitgeber kann zur Lohnfortzahlung und sogar einer Entschädigungszahlung verpflichtet werden. Um dieses Risiko zu minimieren, empfiehlt es sich, den Arbeitnehmer bei allen unentschuldigten Absenzen schriftlich über den Folgen zu informieren.
Arbeitszeitreglement
Die meisten Regeln sind gesetzlich vorgeschrieben. Und trotzdem empfiehlt es sich, die wichtigsten Informationen im VertragDer Vertrag ist ein rechtsverbindliches Abkommen zwischen mindestens zwei Parteien, das bestimmte Rechte und Pflichten festlegt. In der Schweiz gibt... Mehr bzw. Vertragszusatz oder in einem speziellen Dokument (Arbeitszeitreglement) noch mal detailliert zu beschreiben. Somit können unnötige Streite und Diskussionen vermieden werden, weil viele Situationen nicht eindeutig geregelt sind und die Unternehmen über gewisse Gestaltungsfreiheit verfügen. Darüber hinaus können Sie sicher sein, dass Ihr Arbeitnehmer nach der Vertragsunterschreibung vollumfänglich informiert wurde.
Was sollten Sie im Arbeitszeitreglement beschreiben?
- Geltungsbereich und Zweck
- Normalarbeitszeit:
- Wie viel Stunden pro Woche, Monat oder Jahr muss der Arbeitnehmer leisten?
- Beginn und Ende der Arbeitszeit
- Ruhezeiten, Pausen
- Umgang mit Überstunden (Bedingungen und Kompensation)
- Sonntags- und Feiertagsarbeit (Bedingungen und Kompensation)
- Ferienanspruch (Bezug, Abgeltung und Bedingungen, falls vorhanden)
- Bezahlte Feiertage und Freitage (Auflistung)
- Bezahlte Absenzen (Auflistung und Bedingungen)
- Zeiterfassung: Notwendigkeit und Mittel
- Haftung und Sanktionen.
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