Stellenabbau-Tracker-Vergleich: Job Cuts Schweiz vs. Deutschland vs. USA

Ist eine Wirtschaftskrise bald zu erwarten, oder gibt es keinen Grund zur Besorgnis? Diese Frage lässt, gerade mit Blick auf die Corona-Krise und die darauffolgenden Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt, viel Raum für Diskussionen. Einer der Hauptgründe dafür ist wohl das Fehlen eines eindeutigen Vorboten, der anhand vorhandener Daten zuverlässig auf die Anfangsphase einer Wirtschaftskrise hinweisen könnte.
Sogenannte Layoff-Tracker wie Job Cuts Schweiz und Job Cuts Deutschland haben zunehmend an Bedeutung gewonnen. Sie sammeln Informationen aus den Medien über angekündigte Entlassungen oder gefährdete Stellen und können dadurch Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt vorauslaufend abbilden. Sie werden von einigen Analysten sogar als erstes ernstzunehmendes Indiz für eine konjunkturelle Abschwächung angesehen. Wie genau solche Indikatoren tatsächlich Konjunkturzyklen voraussagen können, bleibt allerdings weiterhin zur Diskussion offen. Was jedoch unbestritten ist: Sie zeigen deutlich, wie Schwankungen auf den Arbeitsmärkten verschiedener Länder verlaufen und wie schnell ihre Auswirkungen spürbar werden.
Im Folgenden wollen wir anhand der Daten der oben genannten Tracker genauer untersuchen, wie sich die Arbeitsmärke verschiedener Länder unterscheiden bzw. wie sensibel ein Entlassungstracker Konjunkturschwankungen erfassen kann.
Schweizer Arbeitsmarkt reagiert schneller auf Veränderungen als der deutsche
Welche Unterschiede gibt es in diesem Bereich zwischen den Arbeitsmärkten der Schweiz und von Deutschland? Aus der unteren Grafik lässt sich entnehmen, dass die Anzahl der entlassenen und gefährdeten Stellen in absoluten Zahlen zwar sehr unterschiedlich ist, die Tendenzen jedoch ähnlich verlaufen.
Im Zeitraum von Mitte 2020 bis zum dritten Quartal 2024 lassen sich in beiden Ländern zwei Höhepunkte erkennen: der erste Ende 2020 und der zweite im Frühjahr 2024. Anzumerken ist, dass als Hauptindikatoren die gleitenden 6-Monats-Durchschnitte verwendet wurden, um mögliche kurzfristige Schwankungen auszugleichen, die anhand der Daten aus zwei Trackern berechnet wurden: Job Cuts Schweiz und Job Cuts Deutschland. Auffällig ist, dass die Zahl der entlassenen und gefährdeten Arbeitnehmenden während der Corona-Krise wesentlich geringer war als während der zweiten Welle. Ein gewichtiger Grund für die vergleichsweise niedrige Entlassungsrate in der Corona-Zeit war die Kurzarbeitsentschädigung, die in der Regel 80 Prozent des Verdienstausfalls abdeckt. Die Frage ist jedoch offen, ob die Tendenzen je nach Wirtschaftssektor ebenso einige Ähnlichkeiten aufweisen.
Industrie vs. Dienstleistungssektor: Wer trägt am stärksten zum Stellenabbau bei?
Der Finanzsektor generiert in der Schweiz jeden zehnten Wertschöpfungsfranken. Es überrascht daher nicht, dass die überwiegende Mehrheit der in den Medien angekündigten Entlassungen in der Schweiz dem Dienstleistungssektor zuzuordnen ist.
Ein besonders hohes Niveau erreichte der Stellenabbau-Tracker in den Jahren 2020–2021, was offensichtlich mit den negativen Auswirkungen der Corona-Krise zusammenhängt – vor allem in den Bereichen Tourismus und Gastgewerbe. Damals lag der Anteil der entlassenen und gefährdeten Stellen im Dienstleistungssektor deutlich über 60%.
Die Zahlen für Deutschland sind ebenfalls wenig überraschend, zeigen jedoch die Situation aus einem anderen Blickwinkel. Der Anteil der entlassenen und gefährdeten Stellen im Dienstleistungssektor liegt deutlich niedriger als im Sektor Industrie. Nur in den Jahren 2020–2021, als die Entlassungswelle vor allem die Branchen Tourismus und Gastgewerbe betraf, entsprach die Zahl der entlassenen und gefährdeten Stellen im Dienstleistungssektor in Deutschland ungefähr dem Niveau des Industriebereichs. In den letzten drei Jahren liegt der Anteil im Industriesektor jedoch konstant bei 60% bis 80%. Dies spiegelt den Schwerpunkt der deutschen Wirtschaft auf den Bereich Industrie wider. Wie aus der weiteren Grafik hervorgeht, hat die Entlassungswelle in der Automobilindustrie zu dieser Entwicklung enorm beigetragen.




US-Arbeitsmarkt reagiert noch schneller
Reagiert der Arbeitsmarkt in den USA tatsächlich schneller auf Krisenwellen als der in der Schweiz? Die Antwort auf diese Frage lässt sich aus der unteren Grafik ablesen, in der die Anzahl der entlassenen und gefährdeten Stellen ins Verhältnis zur Inlandbevölkerung gesetzt wurde. Besonders auffällig ist, dass diese Krisenwellen zunächst den Arbeitsmarkt in den USA treffen, dann in der Schweiz spürbar werden und erst anschliessend die Beschäftigten in Deutschland betreffen. Während der Corona-Krise war der Unterschied zwischen der Schweiz und Deutschland in der Grafik nicht besonders ausgeprägt. Doch bei der nächsten Welle war dies deutlich erkennbar. Als in den USA Anfang 2023 ein Anstieg der Entlassungen drohte, wurde dies in der Schweiz erst Mitte desselben Jahres sichtbar, während in Deutschland die Auswirkungen erst gegen Jahresende zu beobachten waren. In diesem Zusammenhang bleibt jedoch die Frage offen, welche Branchen in den einzelnen Ländern am stärksten von den Entlassungswellen betroffen waren und somit zur zunehmenden Zahl der Entlassungen beigetragen haben.
Am stärksten betroffene Branchen
Es liegt auf der Hand, dass die Arbeitsmärkte in der Schweiz, den USA und Deutschland unterschiedlich von den Schwankungen im Stellenabbau beeinflusst werden. Nun werfen wir einen genaueren Blick darauf, um herauszufinden, welche Branchen am stärksten zur Steigerung der Entlassungsrate in den letzten Zeiten beigetragen haben. Wir stellen generell fest, dass die aktuelle Konjunktursituation in den USA viel besser ist als in Europa (Schweiz, Deutschland). Entsprechend stärker reagieren Unternehmen in Europa mit Entlassungen.
Fazit
Die Zahlen aus den Layoff-Trackern bestätigen das weit verbreitete Klischee, dass liberalere Arbeitsmärkte wie in den USA oder der Schweiz tendenziell schneller auf neue Herausforderungen reagieren und daher früher von Stellenabbauwellen betroffen sind. Das war besonders deutlich während der aktuellen Welle, die in den USA Anfang 2023 begann. Im Vergleich dazu zeigte sich Deutschland als eher später Akteur.
Ein weiterer interessanter Punkt verdient Aufmerksamkeit: Während der Corona-Krise überstieg die Zahl der abgebauten Stellen in den USA – im Verhältnis zur Bevölkerungszahl – deutlich die damaligen Werte der Schweiz und Deutschlands. Doch im weiteren Verlauf stabilisierte sich diese Zahl in den USA, mit einem kurzen Anstieg auf etwa 0,02 % während der jüngsten Welle Anfang 2023. Ganz anders die Schweiz: Hier gab es deutliche Schwankungen, die Ende 2023 bis Anfang 2024 mit einem Höchstwert von rund 0,06 % ihren Höhepunkt erreichten.
Auch hinsichtlich der Branchen sind Unterschiede zu beobachten. In Deutschland traf es vor allem Industrieunternehmen, während in der Schweiz primär der Dienstleistungssektor betroffen war.
Weitere interessante Artikel zum Thema finden Sie hier:
728