Lohnfortzahlung: Pflichten des Arbeitgebers bei Krankheit oder Unfall

Lohnfortzahlung: Pflichten des Arbeitgebers bei Krankheit oder Unfall

- 7 Min Lesezeit

Die korrekte Lohnfortzahlung bei unfall- bzw. krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers stellt oft eine Herausforderung dar. Die Rechtsprechung in der Schweiz ist bekanntlich sehr arbeitnehmerfreundlich, deshalb sind Rechtsfälle aus Arbeitgebersicht wenn immer möglich zu vermeiden – es sei denn der Arbeitgeber ist eindeutig im Recht. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Pflichten bestehen und was man beachten soll, um die Lohnfortzahlung ordnungsgemäss auszurichten.

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Wann besteht eine Lohn­fort­zahlungs­pflicht?

Die Voraussetzungen für die Lohnfortzahlung gemäss Art. 324a OR lauten:

  • Der Grund der Abwesenheit liegt in der Person des Arbeitnehmers (u.a. Unfall bzw. Krankheit).
  • Die Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers ist unverschuldet.
  • Das Arbeitsverhältnis hat mehr als 3 Monate gedauert oder wurde für mehr als 3 Monate eingegangen (bei befristeten Arbeitsverhältnissen).

Wann beginnt die Lohnfortzahlung und wie lauten die Fristen?

Wann beginnt die Lohnfortzahlung und wie lauten die Fristen

Wie lange dauert die Lohn­fort­zahlungs­pflicht?

Nach Art. 324a Abs. 1 OR ist der Arbeitgeber verpflichtet die Lohnfortzahlung nur für eine “beschränkte Zeit” auszurichten. Die Dauer der Lohnfortzahlung ist von der Dauer des Arbeitsverhältnisses und von den Anstellungsbedingungen abhängig. Wird im Arbeitsvertrag auf die Lohnfortzahlung nicht explizit hingewiesen, gelten automatisch die Bestimmungen des OR, die das absolute Minimum definieren:

  • Im 1. Dienstjahr
    Im 1. Dienstjahr, nach Ablauf der ersten 3 Anstellungsmonate, dauert die Lohnfortzahlungspflicht 3 Wochen.
  • die Kantonale Skale
    Für die darauffolgenden Dienstjahre gelten die Kantonalen Skalen: die Zürcher Skala, die Basler Skala und die Berner Skala. Diese Regelungen werden je nach Arbeitsort angewendet.

Im Einzelarbeitsvertrag, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag kann eine für den Mitarbeiter günstigere Lösung (im Vergleich zur gesetzlichen Vorschriften) festgelegt werden.

Zudem ist zu beachten, dass die Lohnfortzahlungspflicht pro Anstellungsjahr gilt. Die Abwesenheiten – auch aus unterschiedlichen Gründen – sind zusammenzuzählen und an die gesamte Lohnfortzahlungsdauer anzurechnen.

Bestandteile der Lohn­fort­zahlung

Bei Lohnfortzahlung ist sowohl der ordentliche Monatslohn einzurechnen, als auch die Lohnbestandteile, die ohne Arbeitsunfähigkeit vom Arbeitgeber geschuldet wären (z.B. Anteil 13. Monatslohn, angemessene Vergütung für ausfallenden Naturallohn).

Für die Mitarbeiter im Stundenlohn bzw. mit unregelmässigem Lohn wird üblicherweise der durchschnittliche Verdienst der letzten 12 Monate als Basis für die Lohnfortzahlung angenommen.

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Lohn­fort­zahlungs­pflicht bei Unfall

Bei Unfall liegt im Unterschied zu Krankheit eine obligatorische Versicherungsdeckung vor (UVG). Folglich wird der Lohn während der unfallbedingten Arbeitsverhinderung mit Taggeldleistungen gedeckt.

Gemäss Art. 16 Abs. 2 UVG beträgt die Wartefrist der Unfallversicherung 2 Tage. Während der beiden Karenztage ist der Lohn durch den Arbeitgeber zu minimal 80 % zu bezahlen. Der Unfalltag gilt als “normaler” Arbeitstag und ist zu 100 % geschuldet.

Bei Unfall kann man folgende Szenarien unterscheiden:

Szenario 1:
Jahreslohn brutto des Mitarbeiters ist
geringer als CHF 148’200

Die Versicherungsleistungen decken für eine beschränkte Zeit mindestens 80 % des entfallenden Lohnes des verunfallten Mitarbeiters. In diesem Fall hat der Arbeitgeber laut Art. 324b OR die Lohnfortzahlung nicht zu entrichten.

Szenario 2:
Jahreslohn brutto des Mitarbeiters ist
höher als CHF 148’200

Die obligatorischen Versicherungsleistungen gegenüber dem verunfallten Mitarbeiter sind in diesem Szenario geringer als 80 % des entfallenden Lohnes, falls der Arbeitgeber keine freiwillige Unfall-Zusatzversicherung abgeschlossen hat. Der maximale versicherte Verdienst bei der obligatorischen Unfallversicherung liegt zurzeit bei CHF 148’200.

Wenn die Dauer der Lohnfortzahlung im Arbeitsvertrag nicht vereinbart wurde, kommen automatisch die Kantonalen Skalen zur Anwendung. Eine bilaterale Übereinkunft auf eine kürzere Dauer als die Kantonalen Skalen ist nicht zulässig.

Lohn­fort­zahlungs­pflicht bei Krankheit ohne Kranken­tag­geld­versicherung

Lohnfortzahlungspflicht bei Krankheit ohne Krankentaggeldversicherung

Die Vertragsparteien können eine von kantonalen Skalen abweichende Lösung im Arbeitsvertrag abmachen, die den Arbeitnehmer besser stellt. Diese muss aber mindestens gleichwertig im Vergleich zur Regelung gemäss den kantonalen Skalen sein.

Lohn­fort­zahlungsp­flicht bei Krankheit mit Kranken­tag­geld­versicherung

Vom Gesetz her ist keine obligatorische Sozialversicherung bei Krankheit vorgeschrieben. Eine Krankentaggeldversicherung ist zwar üblich, aber freiwillig.

Bei abgeschlossener Krankentaggeldversicherung sind für die Leistungspflicht des Arbeitgebers die Versicherungspolice und die Allgemeinen Versicherungsbedingungen massgebend. Dabei muss die Versicherungslösung im Sinne des OR mindestens gleichwertig zu den gesetzlichen Bestimmungen sein. Dies ist der Fall, wenn die folgenden Vorgaben erfüllt sind:

Dies ist der Fall, wenn die folgenden Vorgaben erfüllt sind

Mit der Krankentaggeldversicherung wird oft eine Wartefrist abgemacht. Üblicherweise dauert diese 30, 60 oder 90 Tage.

Lohn­fort­zahlung während der Wartefrist

Da die Versicherung während der Wartefrist keine Taggelder ausrichtet, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den entfallenden Lohn für diese Zeitspanne zu bezahlen. Dabei gelten folgende Bestimmungen:

Lohnfortzahlung während der Wartefrist

Nach Ablauf der Wartefrist werden die Taggeldleistungen von der Krankentaggeldversicherung gewährt. Sie ersetzen die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers und belaufen sich häufig auf 80% des entfallenden Lohnes.

Fazit

Massgeblich für die Lohnfortzahlung bei Krankheit und Unfall sind die Bedingungen, die im Arbeitsvertrag festgelegt wurden. Die vereinbarten Regelungen zur Lohnfortzahlung müssen aber mindestens gleichwertig wie die gesetzlichen Vorschriften zur Lohnfortzahlung sein (gilt nicht für die Wartefrist).

Da jeder Fall individuell analysiert werden muss, trägt das fristgerechte Vorhandensein der notwendigen Informationen betreffend Unfall und Krankheit in der Lohnbuchhaltung wesentlich zur korrekten Lohnabrechnung bei.

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