Mehrwertsteuer auf Leistungen im Bildungssektor: Aufgepasst!
Die meisten Unternehmer, die Bildungsdienstleistungen anbieten, gehen davon aus, dass sie von der MehrwertsteuerDie Mehrwertsteuer (MwSt.) ist eine Steuer, die auf den Mehrwert eines Produkts oder einer Dienstleistung erhoben wird und somit den... Mehr befreit sind. Das scheint auf den ersten Blick logisch, da die Regierung an gut ausgebildeten Fachkräften interessiert ist. Immerhin stellt die Schweiz mehr als 16% ihres Staatshaushalts (fast 41 Milliarden Franken!) für Bildungsprogramme bereit. Die Situation muss jedoch aus unterschiedlichen Perspektiven beurteilt werden.
Bei der Organisation von Bildungsreisen oder Selbstverteidigungskursen sind Unternehmer verpflichtet, die Mehrwertsteuer zu entrichten. Gleiches gilt für Lehrbücher und viele andere Unterlagen und Services, die auf den ersten Blick von der Mehrwertsteuer befreit sein sollten. Es ist dringend ratsam, dahingehend die aktuellen Regelungen für 2023 präzise zu prüfen, um nicht plötzlich und entgegen aller Erwartungen Mehrwertsteuerbeträge nachzahlen müssen.
Voraussetzungen für die Befreiung von Ausbildungsleistungen von der Mehrwertsteuer
Nach dem Gesetz existieren folgende 4 Voraussetzungen für die Befreiung:
- Lernziel. Das Lernziel der Dienstleistung muss konkret und wissenschaftlicher oder bildender Natur sein. Es gilt, dass es auf wissenschaftlichen Prinzipien, aktuellem Forschungstand oder akademischem Wissen basiert. Beispielsweise handelt es sich dabei um wissenschaftliche Forschung, Experimente, Vorlesungen mit wissenschaftlichem Inhalt usw.
- Dienstleistungsform. Die Form der Dienstleistung sollte im Format eines Kurses, eines Vortrags, eines Unterrichts, eines Webinars oder einer ähnlichen Veranstaltung gestaltet sein.
- Erstelltes Lernprogramm. Die Angebote müssen ein Lernprogramm beinhalten, einen begrenzten Zeitraum umfassen und einem bestimmten Fachgebiet zuzuordnen sein. Bei mehrteiligen Kursen bzw. Unterrichtsformen müssen die Lektionen aufeinander aufbauen und eine logische Folge aufweisen.
- Überprüfbarkeit des Lernfortschritts. Die Lernfortschritte der Teilnehmer müssen in sinnvollen Abständen überprüft werden.
Beispiele von Bildungsdienstleistungen ohne Mehrwertsteuer-Belastung:
- Unterricht an anerkannten privaten Schulen, weiterführenden Schulen und Universitäten
- Bildungsleistungen von Lehrern, Dozenten oder Tutoren (bereitgestellt von anerkannten Bildungseinrichtungen)
- Umschulungsmassnahmen für arbeitslose Büroangestellte
- Generelle Verkaufstrainings inklusive Lernkontrolle für Sales-Spezialisten
- Sportkurse, 10 Lektionen, definierte Ziele und Inhalte, inklusive Lernkontrolle
- Ausbildungskurse Jugend- und Sport-Leiter
- Kurse und Seminare, die von anerkannten Bildungseinrichtungen – wie z. B. Sprachschulen, Berufsschulen usw. – angeboten werden
- Wissenschaftliche und kulturelle Veranstaltungen wie Vorträge oder Vorlesungen in Museen oder Bildungseinrichtungen, die dem Wissensaustausch dienen
Beispiele mehrwertsteuerpflichtiger Leistungen im Bildungssektor
Die oben genannten Mehrwertsteuerbefreiungen umfassen ein breites Spektrum von Bildungsdienstleistungen. Es gibt jedoch auch Bildungsangebote, die aus unterschiedlichen Gründen nicht von der Mehrwertsteuerbefreiung profitieren. Dazu gehören auch die folgenden sehr beliebten Formate:
Angebot | Grund für die Belastung mit Mehrwertsteuer |
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Lernsoftware, Unterrichtsbücher, Schulbücher, Hörbücher | keine Dienstleistung |
Theateraufführungen | Freizeitbeschäftigung, keine Wissensvermittlung |
Kursveranstaltungen im Sportbereich | sportliche Komponente/Fitness im Vordergrund (z.B. Boxtraining zweimal pro Woche, ohne definiertes Ende) |
Workshop für den Change Prozess beim Unternehmen X | Beratung, keine Bildung |
Bildungsreisen | meist keine konkreten Lernziele, Lernen ist zweitrangig, es geht um die Reise |
Vortrag eines prominenten Politikers | Prominenz des Redners steht im Vordergrund, nicht Bildung |
Persönlichkeitstraining für Personalverantwortliche | Erfolgskomponente relevanter als Wissensvermittlung |
Studien- oder Berufsberatung | Beratung, da spezifisch für Hilfesuchenden ausgearbeitet |
Fahrerlebnis-Trainings für Geländewagenfahrer | Erlebniskomponente als Verkaufsargument |
Geführte Bergwanderung für Jugendliche | Freizeitbeschäftigung, keine Wissensvermittlung |
Networking-Anlässe für Führungskräfte | berufliche Tätigkeit, keine Wissensvermittlung |
Marketing von Bildungsleistungen relevant für eine Mehrwertsteuerbefreiung
Wird eine Mehrwertsteuerbefreiung angestrebt, sind Kurse und vergleichbare Veranstaltungen im Bildungsbereich dergestalt zu bewerben, dass ein präzises Lernziel sowie eine Kursstruktur deutlich erkennbar und in der Dokumentation aufgeführt sind. Das Zielpublikum sollte das Angebot wegen der Bildungs- bzw. Wissensaspekte auswählen. Andere Argumente wie beispielsweise Erlebnisvermittlung, körperliche Fitness oder beruflicher Erfolg dürfen nur ein Nebenaspekt und nicht der zentrale Impulsauslöser sein.
Beispiele für eine korrekte Positionierung von Bildungsleistungen zur Befreiung von der Mehrwertsteuer
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Besuchen Sie unseren Diskussionsabend! Ein spannender Vortrag unseres Gastes sowie die nachfolgende Diskussion werden Sie nicht gleichgültig lassen.
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Wir laden Sie herzlich zum Vortrag eines berühmten Wissenschaftlers in seinem Fachbereich ein. Während des 3-stündigen Vortrags wird auf die wissenschaftlichen Grundlagen der Psychologie eingegangen. Am Ende der Lektion wird ein Test durchgeführt, mit dessen Hilfe die erworbenen Fachkenntnisse überprüft werden.
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Bitte ziehen Sie unser Sprachkursangebot in Betracht. Während der 6-monatigen Lernperiode werden Sie die Grundlagen der Grammatik erlernen, sichere mündliche Fähigkeiten entwickeln und letztendlich in der Lage sein, Ihr B2-Sprachniveau zu bestätigen.
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Im Zweifelsfall sollte der konkrete Fall der Eidgenössischen Steuerverwaltung ESTV geschildert und eine Stellungnahme eingefordert werden. Aus Beweisgründen empfiehlt sich dafür der schriftliche Weg, da Steuerprüfungen in bildungsnahen Bereichen überdurchschnittlich häufig stattfinden.
FAQ zum Thema MWST im Bildungssektor
Sind sämtliche Bildungsdienstleistungen von der MWST befreit?
Die meisten Leistungen im Bildungsbereich sind von der MWST befreit. Die entsprechenden rechtlichen Grundlagen dafür sind in Art. 21 Abs. 2 Ziff. 11 des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG) und in Art. 38a der Mehrwertsteuerverordnung (MWSTV) festgelegt. Dennoch findet man in der Praxis Ausnahmen, bei denen die MWST anfällt.
Gilt die MWST-Befreiung auch für kommerzielle Bildungsangebote?
Im Kern spielt der Aspekt der Erkennbarkeit eine zentrale Rolle bei dieser Frage. Stammen kommerzielle Bildungsangebote beispielsweise von nicht anerkannten Bildungseinrichtungen, können sie der MWST-Pflicht unterliegen und müssen entsprechend versteuert werden.
Sind Bildungsmaterialien oder Lehrmittel von der MWST befreit?
In der Regel nein. Bildungsmaterialien oder Lehrmittel unterliegen wie gewöhnliche Waren der regulären MWST.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um die MWST-Befreiung für Bildungsdienstleistungen zu erhalten?
Zu den wichtigsten Voraussetzungen zählen: Wissenschaftliches Lernziel, Dienstleistungsform, erstelltes Lernprogramm und Überprüfbarkeit des Lernfortschritts. Sollte die Dienstleistung im Bildungssegment diese Kriterien erfüllen, wird sie von der MWST befreit.
Fazit
Wenn Sie planen, Kurse anzubieten oder spezielle Bildungsdienstleistungen zu verkaufen, sollten Sie sicherstellen, dass die Angebote den Kriterien für die Mehrwertsteuerbefreiung entsprechen. Achten Sie darauf, dass Sie Ihre Marketingmaterialien korrekt positionieren und den Fokus auf den Erwerb nützlicher Kenntnisse legen.
Wir laden Sie ein, Ihre persönlichen Erfahrungen mit Bildungsprogrammen in unserem Forum zu teilen. Und wenn Sie einen zuverlässigen Treuhänder suchen, der die steuerlichen Angelegenheiten in Ihrem Weiterbildungsinstitut kontrolliert, sollten Sie sich mit unserem Katalog beschäftigen.
Wir wünschen Ihnen, dass Weiterbildung stets komfortabel und unkompliziert verläuft!
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Guten Tag. Kann ein Yogakurs als Bildungsdienstleistung anerkannt werden? LG, Sandra
Hallo Sandra. Grundsätzlich ja, wenn du ein konkretes Lernziel sowie ein Lernprogramm definiert hast. Und wenn das Lernziel über der sportlichen Komponente oder Fitness steht.
Freundliche Grüsse
Roger Frei
Wir bieten einzelne Kurse und Seminare, die ein klares Ziel und Programm verfolgen sowie andere, die eher eine generelle Yogapraxis darstellen. Wie sollten wir in diesem Fall vorgehen?
Wenn du MWST-pflichtig bist, dann musst du MWST für Kurse leisten, die nicht ausgenommen sind. Die anderen bleiben MWST-frei. Am besten wende dich an unsere Experten.
Auf treuhand-suche.ch finden Sie viele Treuhänder, die sich auf MWST-Fragen spezialisiert haben. Gerne kannst du Sie unseren Filter nach Spezialgebieten verwenden und einen Spezialisten in deiner Nähe suchen: https://treuhand-suche.ch/companies.
Guten Tag
Ist Nachhilfeunterricht oder Lerncoaching (auch genannt) von der Mwst-Steuer befreit?
Zahlreiche Steueranwälte und Treuhänder haben mir ein klares Ja gesagt.
Im Nachhilfeunterricht sind alle obigen Voraussetzungen (konkretes Lernziel usw.) erfüllt sowie zeitlich beschränkt.
Guten Tag
Ich habe eine GmbH und bin MWST-pflichtig. Ich biete einen Kurs in Prozessmanagement an, welcher über 4 Wochen geht. Ich habe schweizer, wie auch deutsche Kunden. Erfolgt die Rechnung mit oder ohne MWST, resp. gibt es einen Unterschied von CH- und DE-Kunden?
Hallo Michi,
recht herzlichen Dank für Ihre Frage. Erfahrungsgemäss ist sie für viele Unternehmen von Relevanz.
Bei Ihrem Anliegen ist der Ort der Dienstleistung ausschlaggebend. Sofern nichts anderes vorgesehen ist, gilt das sogenannte Empfängerortsprinzip: Die Dienstleistung gilt dort als erbracht, wo der Empfänger seinen Sitz oder Wohnsitz hat, und zwar völlig unabhängig davon, wo die Arbeit tatsächlich stattgefunden hat. Von daher befindet sich der Ort der Dienstleistung für Ihre ausländischen Kunden in Deutschland. Es besteht somit keine Pflicht, die Kundenrechnungen mit MWST auszustellen.
Gruss,
Roger
Hallo Roger. Ich führe eine Einzelfirma unter einem Namen mit zwei Tätigkeitsfeldern. Das eine Feld ist Schulung (Umsatz >100′, nach den oben beschriebenen Kriterien MwSt frei) das anderen Feld ist Beratung (Umsatz <100', also auch MwSt-frei). Nach aussen werden die Felder durch einen Zusatz zum Firmenname kenntlich gemacht ("Firmenname + Akademie" und "Firmenname + Beratung"). Ist es möglich durch diese Trennung der Firmenbereiche die MwSt Pflicht zu verhindern (Bereich "Akademie" wegen Erfüllung der Kriterien für die Befreiung und Bereich "Beratung", weil dieser Umsatz unter 100') oder zählt der Umsatz beider Bereiche zusammen, womit sich dann für die "Beratung" eine MwSt-Pflicht ergibt (weil durch die Umsätze aus dem Bereich "Akademie" der Gesamtumsatz über 100' ist). Danke für deine Antwort.