Jahresabschluss – schrittweise Anleitung! (Checkliste & Vorlage)
30’000 Franken. Das ist die Busse dafür, einen Jahresabschluss verspätet einzureichen. Um dieses Risiko zu vermeiden und die finanzielle Stabilität des Unternehmens zu erhalten und die gesetzlichen Anforderungen an die Buchhaltung zu erfüllen, sollte man sich richtig und rechtzeitig vorbereiten. In erster Linie sollte man sich jedoch informieren, was ein Jahresabschluss bedeutet, was die Inhalte sind – und wo sich die Fallstricke verbergen.
Im folgenden Artikel finden Sie Antworten auf all diese Fragen. Und noch mehr. Wir stellen eine gratis Vorlage für die Erstellung Ihres Jahresabschlusses zur Verfügung!
Wichtig
In diesem Artikel haben wir nur die Grundelemente eines Jahresabschlusses beschrieben. Dieses Format ist lediglich für kleine und mittlere Unternehmen geeignet. Wenn Ihr Unternehmen über Filialen verfügt, börsennotiert ist oder komplexe Geschäftsaktivitäten vornimmt, empfehlen wir dringend, einen professionellen Treuhänder zu konsultieren.
Dieses Dokument weist die finanzielle Situation Ihres Unternehmens aus: Über welches Vermögen verfügt das Unternehmen, wie dieses finanziert und verwendet wird, und welches Ergebnis – Gewinn oder Verlust – daraus während dem Geschäftsjahr generiert wurde.
Der Jahresabschluss ist das Produkt einer (hoffentlich) sorgfältigen Buchhaltung. Das Steueramt nutzt ihn, um die direkten Steuern des Unternehmens zu berechnen. Der Jahresabschluss dient also zur Festlegung der direkten Bundessteuer sowie der Steuern auf Kantons- und Gemeindeebene.
Banken und Investoren nutzen ihn, um Entscheidungen über Finanzierungen zu treffen. In diesem Artikel betrachten wir den Jahresabschluss, wie er nach Obligationsrecht aussehen sollte.
Tipp
Einzelunternehmen oder Personengesellschaften sind von der Einreichung eines Jahresabschlusses befreit, wenn ihr Jahreseinkommen 500’000 Franken nicht übersteigt (Art. 957 Abs. 2 OR). Dies befreit Unternehmer bzw. Selbständige jedoch nicht von einer elementaren Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben sowie der Vermögensverhältnisse der Einzelunternehmung. Dies wird im Volksmund als «Milchbüechlirechnung» bezeichnet. Der Einzelunternehmer weist den Erfolg seiner Selbständigkeit in der privaten Steuererklärung aus, eine separate Steuererklärung für die Einzelunternehmung existiert in der Schweiz nicht.
Die Grundversion eines Jahresabschlusses beinhaltet Bilanz, Erfolgsrechnung und Anhang. Schauen wir uns die einzelnen Elemente im Detail an.
Bilanz
Die Bilanz demonstriert, über welches Vermögen Ihr das Unternehmen verfügt (Aktiven) und wie dieses Vermögen finanziert wurde (Passiven). Eine Bilanz wird stets zu einem Stichtag (meist 31.12.) erstellt und zeigt die Situation im Unternehmen genau an diesem Tag.
Eine Bilanz kann mehr oder weniger detailliert aussehen. In jedem Fall müssen die genutzten (Nicht-Null-) Konten dargestellt offengelegt werden. Ausserdem muss eine Zusammenfassungen der strukturellen Teile der Konten angegeben werden. Schematisches Beispiel einer Bilanz:
Aktiven |
---|
Flüssige Mittel |
Kurzfristig gehaltene Aktiven mit Börsenkurs |
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen |
Übrige kurzfristige Forderungen |
Vorräte und nicht fakturierte Dienstleistungen |
Aktive Rechnungsabgrenzungen |
Umlaufvermögen |
Finanzanlagen |
Beteiligungen |
Mobile Sachanlagen |
Immobile Sachanlagen |
Immaterielle Werte |
Nicht einbezahltes Grund,- Gesellschafter- oder Stitungskapital |
Anlagevermögen |
Passiven |
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen |
Kurzfristige verzinsliche Verbindlichkeiten |
Übrige kurzfristige Verbindlichkeiten |
Passive Rechnungsabgrenzungen |
Kurzfristiges Fremdkapital |
Langfristige verzinsliche Verbindlichkeiten |
Übrige langfristige Verbindlichkeiten |
Rückstellungen sowie vom Gesetz vorgesehene ähnliche Positionen |
Langfristiges Fremdkapital |
Fremdkapital |
Grund-, Gesellschafter- oder Stiftungskapital |
Gesetzliche Kapitalreserve |
Gesetzliche Gewinnreserve |
Freiwillige Gewinnreserven |
Gewinnvortrag oder Verlustvortrag |
Jahresgewinn oder Jahresverlust |
Eigene Kapitalanteile (Minusposten) |
Eigenkapital |
Eine Bilanz wird in der Regel zum Ende eines Geschäftsjahres erstellt, kann aber prinzipiell bei Bedarf auch jederzeit erstellt werden. Die wichtigsten Elemente sind die Aktiven (Umlauf- und Anlagevermögen) und die Passiven (Fremd- und Eigenkapital). Vermögen und Fremdkapital sind nach Fristigkeit gegliedert: Zuerst kurzfristige, dann langfristige.
Tipp
Eigentlich sollte die Bilanz nur positiven Zahlen ausweisen. In einigen Situationen kommen auch negative Zahlen in der Bilanz vor. Umgekehrt sind in der Erfolgsrechnung negative Zahlen häufig anzutreffen: Alle Aufwendungen werden als negative Zahlen dargestellt. Oft werden negative Zahlen der Bilanz und ER in Klammern geschrieben. So bedeutet (2`300) das gleiche wie -2`300.
Erfolgsrechnung
Grundlage der Erfolgsrechnung ist wie bei der Bilanz der Kontenplan. Die Erfolgsrechnung beinhaltet nur die Konten, die einen Einfluss auf das Jahresergebnis haben: Umsätze, Aufwände, Abschreibungen und Steuern (ohne MWST). Wenn Sie z.B. ein Auto für Ihr Unternehmen erwerben, wird dies nicht in der Erfolgsrechnung sondern in der Bilanz abgebildet.
Schematisches Beispiel einer Erfolgsrechnung eines Produktionsunternehmens:
Produktionserfolgsrechnung Gesamtkostenverfahren |
---|
Nettoerlöse aus Lieferungen und Leistungen |
+/- |
Bestandesänderungen an unfertigen und fertigen Erzeugnissen sowie an nicht fakturierten Dienstleistungen |
- |
Material- und Warenaufwand |
= |
Bruttoergebnis nach Material- und Warenaufwand |
- |
Personalaufwand |
= |
Bruttoergebnis nach Personalaufwand |
- |
Übriger betrieblicher Aufwand |
= |
Betriebliches Ergebnis vor Abschreibungen und Wert-berichtigungen, Finanzerfolg und Steuern «EBITDA» |
- |
Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Positionen des Anlagevermögens |
= |
Betriebliches Ergebnis vor Finanzerfolg und Steuern «EBIT» |
- |
Finanzaufwand |
+ |
Finanzertrag |
= |
Betriebliches Ergebnis vor Steuern «EBT» |
+/- |
Betrieblicher Nebenerfolg |
- |
Betriebsfremder Aufwand |
+ |
Betriebsfremder Ertrag |
- |
Ausserordentlicher, einmaliger oder periodenfremder Aufwand |
+ |
Ausserordentlicher, einmaliger oder periodenfremder Ertrag |
= |
Jahresgewinn oder Jahresverlust vor Steuern |
- |
Direkte Steuern |
= |
Jahresgewinn oder Jahresverlust |
Zusätzlich zu den oben genannten Zwischenergebnissen sollte die ER auch die Jahressalden für jedes Top-Level-Konto beinhalten (3000 - 8900
). Wenn Sie z. B. Online-Werbeausgaben (6604
) und Kundenbetreuung (6641
) hatten, sollten Sie danach die Werbekosten insgesamt angeben (6600
).
Wichtig
Im Jahresabschluss müssen die Erfolgsrechnung und die Bilanz immer mit den Vergleichszahlen aus dem Vorjahr präsentiert werden.
Anhang
Der Anhang kann in 5 Bestandteile unterteilt werden:
Dieser Abschnitt dient als Einleitung. Er enthält normalerweise folgende Elemente:
- Firmenname
- Standort
- Gründungsdatum
- Kurzbeschrieb der Geschäftstätigkeit
Dieser Abschnitt sollte Ihren Jahresabschluss und die Standards beschreiben, auf denen der Abschluss basiert. Bei kleineren Unternehmen ist dies (fast) immer das Obligationenrecht.
- Abrechnungszeitraum
- Regulatorischer Rahmen (Standards)
- Einhaltung von Bilanzierungsrichtlinien
Hier sollten alle Positionen der Aktiven und Passivennäher erläutert werden, falls sich Klärungsbedarf ergibt oder die Struktur der Bilanz nicht sehr detailliert gewählt wurde. Insbesondere ist zu erläutern:
Umlaufvermögen
Flüssige Mittel, Delkredere auf Forderungen, Bezahlter Aufwand des Folgejahres usw.
Anlagevermögen
Kurzfristiges Fremdkapital
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, noch nicht bezahlter Aufwand usw.
Langfristiges Fremdkapital
Langfristige verzinsliche Verbindlichkeiten, Rückstellungen usw.
Eigenkapital
Aktienkapital, Gewinnreserven, Jahresgewinn / -verlust usw.
Die ER wird in der Regel nicht so detailliert beschrieben wie die Bilanz. Tauchen in der Bilanz einmalige Erträge oder Aufwendungen auf, oder solche, die sich auf andere Fiskalperioden beziehen, müssen diese erklärt werden.
Dieser Teil muss Informationen über Geschäftsfälle enthalten, die nach dem Abschlussdatum eingetreten sind. Falls besondere Risiken oder gewichtige Änderungen in der Geschäftstätigkeit absehbar sind, muss dies erwähnt werden.
Am Ende muss der Jahresabschluss mit Datum und Ort versehen vom Finanzverantwortlichen (mit Zeichnungsberechtigung gemäss Handelsregister) unterschrieben werden.
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Allgemein
- Abschlussdatum spätestens 6 Monate nach Bilanzstichtag eingehalten?
- Vorjahreszahlen vorhanden?
- Firma/Name, Rechtsform und Sitzadresse angegeben?
Erfolgsrechnung
- Gliederung eingehalten: EBITDA, EBIT, EBT
- Aufwand und Ertrag sind der korrekten Periode zugeordnet? Aufwand und Ertrag für Grossprojekte korrekt auf entsprechende Perioden verteilt?
- Ausgaben für Privatwagen gebucht (Kraftstoff, Reparaturen, Service, Steuern, etc.)?
- Verkehrsmittel gebucht?
- Konto ausserordentlicher Aufwand bzw. Ertrag nicht «missbraucht»?
- Kosten für Arbeitszimmer berücksichtigt?
- Lohnaufwand: Verspätete Bonizahlungen noch als Aufwand gebucht?
Bilanz
- Flüssige Mittel nach Währung aufgegliedert?
- Kontenbestände der flüssigen Mittel mit Banksaldi und Kassabuch abgeglichen?
- Vorräte bzw. Lagerbestand per Stichtag aktuell?
- Transitorische Aktiven und Passiven korrekt verbucht?
- Sachanlagen in mobile und immobile gegliedert?
- Geschäftsfahrzeug bilanziert?
- Delkredere auf inländische und ausländische Kreditoren gebucht (kantonal unterschiedliche Prozentsätze)?
- Garantierückstellungen, Rückstellungen für Gerichtsprozesse, etc. gebucht?
- Steuerrückstellung: Korrekter Betrag?
- Reserven unterteilt in gesetzliche und freiwillige Gewinnreserve?
- Gewinn- oder Verlustvorträge nicht mit Jahresgewinn oder -verlust verrechnet?
Anhang
Grundsätzliches zum Anhang
- Erklärungsbedürftige Positionen von Bilanz und ER präzise aber kurz erläutern
- Grosse Positionen aufsplitten, falls möglich
- Je ausführlicher die Bilanz und die Erfolgsrechnung, desto kürzer wird der Anhang
Basisangaben
- Anschrift der Unternehmung korrekt?
- Info zu Vollzeitstellen (Hinweis genügt: nicht über 10 bzw. nicht über 50 oder über 250)
- Angewandte Fremdwährungskurse offengelegt?
- Start-ups: Überlanges Geschäftsjahr erwähnt?
Hinweise zu Methoden, Erträgen, Verpflichtungen
- Hinweise auf geänderte Schätzmethoden, Abschreibungsarten oder Annahmen (Abweichung vom Prinzip der Stetigkeit)
- Erläuterung der Umsatzerfassung in komplizierten Fällen
- Hinweise auf off-balance Leasingverpflichtungen? Gliederung auf Basis der Verfallstruktur
- Hinweise auf offene Verpflichtungen gegenüber Sozialversicherungen und Vorsorge
- Hinweise zu Abschreibungsmethodik, Abschreibungstabelle
- Hinweise auf allfällige Verrechnungen (Grundsatz: Bruttoprinzip, Verrechnungsverbot)
- Hinweise zu Positionen mit nahestehenden Personen oder Unternehmen
- Bewertung angefangener Arbeiten erfolgt?
- Angaben zu gewährten Sicherheiten für Verbindlichkeiten ggü. Dritten
- Angaben zu Sicherheiten für Forderungen ggü. Dritten
- Rangrücktritte von Forderungen erläutert?
- Erklärung von Eventualverbindlichkeiten (Rückstellungen)
- Ausweis von offenen Verpflichtungen gegenüber der Ausgleichskasse, Pensionskasse, UVG, KTG
- Nettobildung/Nettoauflösung von stillen Reserven erklärt?
Schlussangaben
- Going Concern: Hinweis auf allfällige Schliessung oder andere betriebsgefährdende Entwicklungen vorhanden? (Abweichung vom Grundsatz der Fortführung)
- Wesentliche Ereignisse nach dem Bilanzstichtag erwähnt? Art des Ereignisses und geschätzte finanzielle Auswirkung.
- Empfohlen: Angabe der Revisionsfirma mit Kontaktperson
- Unterschriften gemäss Handelsregister (Einzelunterschrift bzw. Unterschrift zu zweit?
- Unterschrift des Finanzverantwortlichen/CFO?
- Vorzugsweise: Vorschlag zur Gewinnverteilung ausgearbeitet?
Unten können Sie einen Muster-Jahresabschluss herunterladen. Wir weisen darauf hin, dass dieses Dokument zu Informationszwecken zur Verfügung gestellt wird und keine vorgefertigte Lösung für jedes KMU darstellt.
Denken Sie daran, Ihren Jahresabschluss am Ende auf Steuerspar-Fehler zu überprüfen. Sollten Sie weitere Details zur Beschreibung der Bilanz, der korrekten Bildung des EBIT oder anderes benötigen, sind wir gerne bereit, Ihre Fragen in den Kommentaren oder in unserem Forum zu beantworten.
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Guten Tag
Der Artikel war sehr informativ und hilfreich! Ich habe eine spezifische Frage zur Erfolgsrechnung. Wie sollte ich einmalige Erträge oder Aufwendungen verbuchen, die sich auf andere Fiskalperioden beziehen? Gibt es dafür eine spezielle Methode oder Richtlinie?
Ich freue mich auf Ihre Antwort und bedanke mich im Voraus!
Hallo!
In der Erfolgsrechnung sollten nur die Konten aufgeführt werden, die einen direkten Einfluss auf das Jahresergebnis haben. Einmalige Erträge oder Aufwendungen, die sich auf andere Zeiträume beziehen, sollten stattdessen in der Bilanz abgebildet werden. Für eine klare Darstellung empfiehlt es sich, diese Positionen im Anhang zu erläutern, indem die Art der Erträge oder Aufwendungen beschrieben, die betreffenden Zeiträume angegeben und erklärt wird, wie sich diese auf das laufende Geschäftsjahr auswirken.
Wir haben noch einen Artikel zu diesem Thema – https://treuhand-suche.ch/blog/aktive-rechnungsabgrenzungen/