Stundenlohn als Selbständiger richtig berechnen (Gratis Rechner)
Wenn Sie als selbständiger Dienstleister arbeiten, werden Sie sich sicher schon einmal die Frage gestellt haben: «Kalkuliere ich eigentlich den richtigen Stundenlohn?» Mit dieser Fragestellung sind Sie jedenfalls schon mal auf dem richtigen Weg. Denn nicht jeder Freelancer denkt so – und wenn doch, kommt er häufig auf falsche Ergebnisse. Um Ihnen weiterzuhelfen, hat treuhand-suche.ch einen dreistufigen Leitfaden entwickelt. Diese Vorlage soll Sie dabei unterstützen, den passenden Stundensatz für Schweizer Freelancer zu finden. Im Anschluss an den Leitfaden haben wir praktische Berechnungsbeispiele und wichtige Tipps für Freelancer-Einsteiger angehängt. Am Ende des Artikels finden Sie eine detaillierte Berechnungsdatei für den im Leitfaden angegebenen Stundensatz. Fangen wir also an!
Wie können Sie den Stundensatz in drei Schritten richtig berechnen
Es gibt drei Schlüsselvariablen in dieser Berechnung: Zieleinkommen, Kosten und Zeit. Schauen wir uns die Variablen im Einzelnen an.
Berechnen Sie, wie viel Sie verdienen möchten
Die Höhe des Einkommens hängt von vielen Faktoren ab. Die wichtigsten Faktoren sind der Markt (Geschäftsbereich, Kundenkategorien, Wettbewerb) und die Qualifikation (Wissensstand und Fähigkeiten des Freelancers). Um die Verdienstmöglichkeiten eines Freiberuflers zu kalkulieren, sollten folgende Informationen berücksichtig werden.
Erfahrung aus früheren Projekten
Ihr bisheriges Gehalt kann ein hilfreicher Indikator sein.
Waren Sie in der Vergangenheit in einem Unternehmen der Innenarchitekturbranche tätig und möchten jetzt selbst Dienstleistungen im Bereich «Wohnungseinrichtung» anbieten, wäre es sinnvoll, Ihr bisheriges Gehalt als Grundlage für Ihren Tarif anzusetzen.
Sollte Sie jedoch die Ausrichtung Ihres Angebots ändern und beispielsweise Innenarchitektur-Ausbildungskurse anbieten, funktioniert diese Logik nicht mehr. Um den Tarif für diese Dienstleistung festzulegen, müssen Sie eine andere Methode anwenden.
Daten aus Jobportalen
Selbständige Dienstleister sollten nach Jobangeboten in Jobbörsen recherchieren, wo Stellenausschreibungen mit Gehaltsangaben zu finden sind. Beachten Sie auch den Beschäftigungsgrad in der Ausschreibung. Auch der Statistische Lohnrechner kann zu diesem Zweck genutzt werden. Diese Gehaltsschätzung gilt als realistischste für den Markt.
Tipp
Freiberufler müssen manchmal den Preis herabsetzen, um ein interessantes Projekt zu erhalten. Dabei empfiehlt es sich, die Anzahl der zu verrechnenden Stunden tiefer anzusetzen, als den Stundensatz zu senken. Das Gegenteil gilt für Preiserhöhungen, wenn man beispielsweise über einen längeren Zeitraum mit einem Kunden zusammenarbeitet.
Berechnen Sie, wie viel Sie ausgeben
Die grössten Ausgaben eines Freelancers sind:
Miete
Die Miete des Arbeitsraumes verursacht häufig den grössten Kostenanteil eines Freelancers. Doch viele Selbständige haben die Option, das Homeoffice zu nutzen und so die Kosten zu reduzieren.
Nebenkosten
Auch wenn man von daheim aus arbeitet, müssen Wasser-, Strom-, Heizungs- und Internetrechnungen bezahlt werden. Bei Freiberuflern, die im Co-Working-Office arbeiten, sind diese Kosten in der Regel bereits im Mietpreis enthalten.
Verbrauchsmaterialien und Werkzeuge
Zahnärzte benötigen Medikamente und Bohrer, Designer brauchen Computer und Software für die Arbeit mit Mediadaten. Berücksichtigen Sie alles, was Sie für Ihre Aufträge benötigen. Das beinhaltet auch die Anforderungen der nahen Zukunft (zum Beispiel einen neuen Schreibtisch oder das Abonnement für eine Buchhaltungssoftware).
Tipp
Der bereits erwähnte Zahnbohrer oder das Computer-Programm hält länger als ein Jahr. Daher fliesst nur ein Teil der Kosten in diese Ausgabenposition. Wenn Sie nicht genau einordnen können, wann das Instrument gewechselt werden muss, sollten Sie eine maximale jährliche Rate kalkulieren.
Kundenakquisition
Selbständige können Werbung in der Google-Suche schalten, Profile auf unterschiedlichen Websites erstellen oder Visitenkarten in Coffeeshops hinterlassen. Selbst wenn Sie aktuell ausreichend Kunden haben, können Sie so möglichen Fluktuationsphasen vorgreifen.
Weiterbildung
Diese Kosten umfassen alle Massnahmen der Wissenserweiterung: Offline- und Online-Kurse, Seminare, Fachkonferenzen oder der Kauf hilfreicher Fachliteratur.
Versicherungen und Steuern
- Selbständige müssen in der Schweiz Beiträge in die 1. Säule (AHV, IV, EO) entrichten. Die Höhe der Beiträge richten sich nach der Höhe des Jahreseinkommens (ermitteln Sie hier Ihren Prozentsatz – https://www.ahv-iv.ch/p/1.2021.d Abs. 2).
- Optional können Freelancer auch Rentenrückstellungen anmelden (mehr dazu hier).
- Das Einkommen muss besteuert werden. Die Einkommenssteuer in der Schweiz ist progressiv und hängt von der Einkommenshöhe ab. In unserem Rechner haben wir kantonale Durchschnittswerte genutzt. Hier können Sie die Einkommenssteuer genauer berechnen.
Die Summe, die Sie berechnet haben, ist der Break-even-Punkt. Das ist das Minimum-Einkommen, das Sie einnehmen müssen, um Ihre gesamten Fixausgaben zu decken.
Die Lohnbuchhaltung toleriert keine Fehler. Vertrauen Sie hierbei den Experten. Wählen Sie aus mehr als 2.600 Treuhänder auf unserer Website.
Berechnen Sie, wie lange Sie wirklich arbeiten
Der Stundensatz wird in der Regel für ein Jahr veranschlagt. Dazu ist es notwendig, die Arbeitszeiten (Erledigen der Kundenaufträge) präzise von den Nicht-Arbeitszeiten (Urlaub, Krankheit usw.) zu trennen.
Berücksichtigen Sie Wochenenden und Feiertage
Es gibt jährlich 104 Wochenendtage. Die Anzahl der Ferientage variiert von Kanton zu Kanton (z.B. Zürich – 10, Zug – 9, Aargau – 13). Wie viele Feiertage es in Ihrem Kanton gibt, erfahren Sie unter www.arbeitstage.ch
Planen Sie Ihren Urlaub
Selbständige planen in der Regel 26 Urlaubstage pro Jahr ein. Wenn es in Ihrer Branche eine «Nebensaison» gibt, sollten Sie diese für den Urlaub nutzen.
Kalkulieren Sie Krankentage ein
Freiberufler melden durchschnittlich 6 Krankheitstage pro Jahr. Sollten chronische Krankheiten vorliegen, sollte man die Anzahl verdoppeln.
Nehmen sie sich Zeit für die Weiterentwicklung Ihres Geschäfts
Qualifikationsaufbau, Akquisition neuer Kunden, Erstellung eines Portfolios und andere vergleichbare Aktivitäten benötigen ihre Zeit. Ein Selbständiger muss dafür jeden Tag Zeit einplanen. Berücksichtigen Sie dafür den gleichen Aufwand, wie für den Krankenstand (60 – 80 Stunde d.h. 6 Tage pro Jahr).
Bestimmen Sie das Tageslimit
Per Gesetz (Art. 9 Abs. 3 ArG) beträgt die Regelarbeitszeit für Selbständige zwischen 45 und 50 Stunden pro Woche (9,5 Stunden pro Tag). Es ist auch möglich, z.B. an Wochenenden zu arbeiten. Wichtig ist, dass man es nicht übertreibt.
Definieren Sie Ihre Produktivitätsquote
Ein Freelancer, der gerade ins Geschäft einsteigt, wird doppelt so viel Zeit für ein Projekt benötigen, wie ein erfahrener Kollege. Das sollte im Prozentsatz der effektiv benötigten Zeit berücksichtigt werden. Gewöhnlich beträgt dieser 50% bis 80%. Mehr als 90% anzusetzen ist nicht empfehlenswert (siehe Abschnitt 3 für Einzelheiten).
Sind die tatsächlich benötigten Arbeitsstunden fixiert, kann der Freiberufler seinen endgültigen Stundensatz berechnen. Die Formel lautet wie folgt:
Beispiele für die Berechnung des Stundensatzes
Beschreibung
- Büromiete in Zürich
- Regelmässiger Büromaterial-Einkauf
- Lizenzkosten für Buchhaltungs- und Steuerprogramme
- Jährlicher Mitgliedsbeitrag beim Treuhänderverband
- 2x p.a. Besuch von Buchhaltungsseminaren. Abonnement für Branchenzeitschriften und -bücher
- Werbeschaltungen in einer Lokalzeitung und auf Branchen-Websites
- Einzahlung der Rentenbeiträge
1. Wie viel Sie verdienen möchten | |
---|---|
Angepeiltes Einkommen | CHF 86'000.00 |
Anpassungsfaktor | 1.2 |
Total angepeiltes Einkommen | CHF 103'200.00 |
Kanton: | Zürich |
Alter: | 29 |
2. Wie viel Sie ausgeben | |
---|---|
Büromiete | CHF 8'900.00 |
Nebenkosten | CHF 0.00 |
Ausgaben für Material | CHF 2'500.00 |
Ausgaben für Kundenakquisition | CHF 6'000.00 |
Ausgaben für Weiterbildung | CHF 1'830.00 |
Zwischentotal (Break-even-Punkt) | CHF 19'230.00 |
Reserveprozentsatz | 0% |
Total Reserven | CHF 0.00 |
Jahreseinkommen vor Steuern und Abgaben | CHF 122'430.00 |
Beiträge an die Sozialversicherungen | CHF 12'074.40 |
Pensionskassenbeitrag einrechnen? | ja |
Pensionskassenbeitrag | CHF 7'224.00 |
Einkommenssteuer | CHF 14'138.40 |
Total Sozialversicherungsbeiträge und Steuern | CHF 33'436.80 |
Jahreseinkommen nach Steuern | CHF 88'993.20 |
3. Wie viel Zeit Sie wirklich arbeiten | |
---|---|
Kalendertage | 365 |
Arbeitstage pro Woche | 5 |
Wochenenden | 52 |
Feiertage in Kanton | 10 |
Urlaubstage | 25 |
Krankentage | 6 |
Weiterbildungstage | 15 |
Arbeitstage pro Jahr | 205 |
Arbeitsstunden pro Tag | 9 |
Produktivitätsrate pro Tag | 0.75 |
Produktive Stunden pro Tag | 6.75 |
Produktive Stunden pro Jahr | 1383.75 |
Durchschnittliches Monatseinkommen | CHF 10'202.50 |
Stundensatz | CHF 88.48 |
Beschreibung
- Nutzung Homeoffice in Schaffhausen
- Lizenzen für Webdesign- und SEO-Programme
- Nimmt 4x p.a. an spezialisierten Online-Seminaren teil
- Hat eine Portfolio-Website und Profil auf Websites für Freelancer
- Reserven für 15% der Kosten hinterlegt
1. Wie viel Sie verdienen möchten | |
---|---|
Angepeiltes Einkommen | CHF 80'000.00 |
Anpassungsfaktor | 0.95 |
Total angepeiltes Einkommen | CHF 76'000.00 |
Kanton: | Schaffhausen |
Alter: | 25 |
2. Wie viel Sie ausgeben | |
---|---|
Büromiete | CHF 0.00 |
Nebenkosten | CHF 4'200.00 |
Ausgaben für Material | CHF 4'600.00 |
Ausgaben für Kundenakquisition | CHF 360.00 |
Ausgaben für Weiterbildung | CHF 2'000.00 |
Zwischentotal (Break-even-Punkt) | CHF 11'160.00 |
Reserveprozentsatz | 15% |
Total Reserven | CHF 1'674.00 |
Jahreseinkommen vor Steuern und Abgaben | CHF 88'834.00 |
Beiträge an die Sozialversicherungen | CHF 8'968.00 |
Pensionskassenbeitrag einrechnen? | nein |
Pensionskassenbeitrag | CHF 0.00 |
Einkommenssteuer | CHF 12'160.00 |
Total Sozialversicherungsbeiträge und Steuern | CHF 21'128.00 |
Jahreseinkommen nach Steuern | CHF 67'706.00 |
3. Wie viel Zeit Sie wirklich arbeiten | |
---|---|
Kalendertage | 365 |
Arbeitstage pro Woche | 6 |
Wochenenden | 52 |
Feiertage in Kanton | 10 |
Urlaubstage | 20 |
Krankentage | 8 |
Weiterbildungstage | 20 |
Arbeitstage pro Jahr | 255 |
Arbeitsstunden pro Tag | 10.4 |
Produktivitätsrate pro Tag | 0.55 |
Produktive Stunden pro Tag | 5.72 |
Produktive Stunden pro Jahr | 1457.60 |
Durchschnittliches Monatseinkommen | CHF 7'402.83 |
Stundensatz | CHF 60.90 |
Was sonst noch zu beachten ist?
-
Kalkulieren Sie alle Kosten
Alle zusätzlichen Ausgaben, die nicht im Stundensatz enthalten sind, verursachen potenziell Verluste…
Stellen Sie sich vor, Sie haben alle Kalkulationsgrundlagen berechnet, mit 12 Monaten multipliziert und zur Kalkulation Ihres Stundenlohns gerechnet. Aber Sie haben es im Sommer getan. Die Abrechnungen für Heizung und Schneeräumung waren noch nicht in Ihrem Briefkasten. Diese Zahlen können natürlich später in den Stundensatz eingerechnet werden – Ihre Kunden werden dafür jedoch wenig Verständnis aufbringen.
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Niemals den Stundensatz reduzieren
Ein Freelancer kann schnell Probleme bekommen, wenn er seinen Stundensatz unter dem Kalkulierten anbietet…
Hier ist ein Beispiel: Christie, eine Freelancerin im Floristikbereich, liefert frische Blumen an das Restaurant Breeze. Sie berechnet dem Kunden einen niedrigeren Stundensatz, weil sie schon lange mit ihm zusammenarbeitet. Doch jetzt kommt die Quarantäne und das Breeze-Restaurant muss schliessen. Wegen des Rabattes hat Christie nicht ausreichend Gewinn erzielt und sie muss einen Kredit aufnehmen, um die Krise zu überstehen.Das führt uns zum nächsten Punkt.
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Berücksichtigen Sie die Risiken
Um sich vor Krisenzeiten zu schützen, sollten Sie ein «Finanzpolster» in Ihren Tarif integrieren…
Ein «Polster» ist wie eine Versicherung und beinhaltet normalerweise 10-20% aller Ausgaben. Falls Christie eine solche Rücklage gebildet hätte, würden sich einige Monate Quarantäne nicht so dramatisch auf ihre finanzielle Situation auswirken.
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100% Effizienz ist nicht erreichbar
Damit Sie Ihren täglichen Aufwand richtig einschätzen können, müssen Sie Ihre Zeit erfassen. Verschiedene Time-Tracker können Ihnen dabei helfen …
Stellen Sie sich einen Arzt vor, der das Herz eines Patienten 10 Stunden lang operiert. Er steht permanent unter Spannung. Völlig in seine Arbeit eingebunden. Nach der Operation kann er 100%ige Effizienz belegen. Bei Freiberuflern wird diese Effizienz zwar erwartet, sie ist aber selten erreichbar.
«Es ist Zeit, die einzelnen Aspekte zu einem Ganzen zusammenzufügen!»
Jetzt sollte sich in Ihrem Kopf ein Bild der Kalkulation und eine ungefähre Zahl abzeichnen. Nutzen Sie dieses Know How in Kombination mit unserem Excel-Rechner, um alles bis auf den letzten Rappen zu berechnen.
Wenn diese Informationen hilfreich für Sie waren, geben Sie einen Kommentar dazu ab. Schreiben Sie uns auch, wie wir Freelancern das Leben noch leichter machen können. Wir werden Sie gerne unterstützen.
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100177
geniale und sehr hilfreiche Berechnung!
super artikel! hat mir unglaublich geholfen.
Super Tool. Vielen Dank. Leider habe ich den Anpassungsfaktor nicht ganz verstanden. Wie wird dieser verwendet?
Hallo Simon! Dieser Anpassungsfaktor hilft Ihnen, den Stundensatz schnell anzupassen. Zum Beispiel, wenn Sie einen Dringlichkeitszuschlag von 50% (Anpassungsfaktor = 1,5) oder einen Rabatt von 20% für kleine Bearbeitungen (Anpassungsfaktor = 0,8) gewähren wollen.
Alles klar. Vielen Dank für die Erläuterung.
Hi Alex. Vielen Dank für den mega Blog Artikel. Endlich mal eine sinnvolle Berechnung inkl. Produktivität und allem was dazu gehört. Leider funktioniert im Excel der Aargau nicht einwandfrei. Die anderen Kantone hauen hin. Leider kann ich die Formel selbst nicht anpassen.
Hallo Manuella. Vielen Dank für Ihr positives Feedback zu dem Artikel. Ich habe den Fehler mit Aargau bereits behoben und die Datei aktualisiert. Laden Sie sie einfach erneut herunter.
Perfekt. Tausend Dank Alex!