Freiwillige MWST-Anmeldung: Wie kann man daraus einen Nutzen ziehen?
Unter bestimmten Umständen kann es für ein Unternehmen sinnvoll sein, auf die Befreiung von der Mehrwertsteuerpflicht zu verzichten und sich “freiwillig anzumelden”, selbst wenn die Umsatzschwelle noch nicht erreicht ist. Dies wird auch als “Verzicht auf die Befreiung von der Steuerpflicht” bezeichnet. Dieser Schritt kann sich lohnen, wenn ein Unternehmen in einer Start-up-Investitionsphase lediglich geringe beziehungsweise gar keine Umsätze erzielt, aber hohe Ausgaben tätigt. Durch eine freiwillige Mehrwertsteuerregistrierung kann die gezahlte Mehrwertsteuer für Dienstleistungen oder Waren als Vorsteuerabzug geltend gemacht und von der Eidgenössischen Steuerbehörde zurückgefordert werden. Ohne die MWST-Anmeldung wären diese Vorsteuerzahlungen unwiederbringlich verloren.
Analog gilt dies für aus dem Ausland bezogene Dienstleistungen. Die Bezugssteuer kann in diesem Fall analog der bezahlten Mehrwertsteuer als Vorsteuer geltend gemacht werden.
Eine Anmeldung kann auch dann von Nutzen sein, wenn den Kunden damit der Eindruck einer soliden Unternehmung vermittelt werden kann. Wenn Sie Rechnungen ohne Mehrwertsteuer ausstellen, ist Ihrem Kunden sofort klar, dass Ihr Umsatz bescheiden ist. Andersrum nehmen die meisten Kunden an, dass Sie die Umsatzschwelle überschritten haben und so eine minimale Gewähr für das Funktionieren Ihres Geschäftsmodells besteht.
Falls Sie hauptsächlich Produkte oder Dienstleistungen für Privatpersonen anbieten, ist eine MWST-Anmeldung erst dann sinnvoll, wenn Sie gesetzlich dazu verpflichtet sind. Sie möchten sicher nicht Ihr Angebot um (meist) 7.7% verteuern, wenn Sie nicht unbedingt müssen? Da Privatpersonen keine Vorsteuern geltend machen können, tragen sie die Mehrwertsteuer immer als Endkonsumenten.
Fallbeispiel: Die Supersoft AG – gegründet per 1.6.2022 – vertreibt Software. Zum Gründungstermin ist der Umsatz nicht prognostizierbar. Die Gründer schieben die Zwischenbeurteilung auf den spätmöglichsten Termin hinaus – also genau 3 Monate nach der Gründung (1.9.2022). Der in den drei Monaten erzielte Umsatz beläuft sich auf CHF 28‘000. Hochgerechnet auf ein ganzes Jahr haben sie damit einen theoretischen Umsatz von CHF 112‘000 erzielt – und müssen sich daher unverzüglich bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) für die Mehrwertsteuer anmelden. Es gilt eine Anmeldefrist von 30 Tagen ab der Zwischenbeurteilung.